Umfrage: Deutschlands Technikredakteure zu Corona, Streaming, Homeoffice und IFA-Planung
Die Corona-Pandemie hat auch den Arbeitsalltag der Technik-Redakteure tüchtig durchgerüttelt. Doch wie genau sieht die neue Normalität aus und was bedeutet das für die Unternehmens-PR? Wir von TDUB als PR-Agentur mit Fokus auf Technology, Mobility & Digital Lifestyle haben 22 Technikredakteure im Juli 2020 meist telefonisch befragt, um Licht ins Dunkel zu bringen. Konkret im Fokus die Themen Corona, Streaming, IFA und Homeoffice.
Unter den Befragten: Technik-Redakteure wichtiger Presseagenturen, Tageszeitungen, Onlinemedien und Fachmagazine, sowie Freelancer und Digital-Blogger. Am Telefon konnten wir in vielen Fällen vertiefende Gespräche führen. In Kombination mit dem eigentlichen Fragebogen ergibt sich so ein detailreiches Gesamtbild. Im PDF zum Download finden Sie alle Daten und Grafiken zum Nachschlagen und Weiterverwenden. Hier die Analyse mit den wichtigsten Learnings:
IFA Special Edition 2020: Interesse der Redakteure hoch, digitales Angebot kommt gut an
Zwei Drittel unserer Befragten waren 2019 live vor Ort auf der IFA. Erstaunlich: Immerhin halb so viele planen trotz aller Unsicherheiten eine Live-Präsenz 2020 bereits im Juli fest ein. Ein weiteres Drittel setzt voll auf das neue digitale Angebot der IFA Special Edition und spart sich den Berlinbesuch. Das letzte Drittel ist noch unentschieden, ob die neuen digitalen Angebote oder ein Berlinbesuch anstehen. Insgesamt erweist sich das neue digitale Angebot der IFA Special Edition als sinnvolle Ergänzung, die in der Planung der Befragten bereits genauso gut angenommen wird, wie das Event in Berlin selbst.
Das massiv abgespeckte IFA-Angebot vor Ort ohne Publikumsverkehr bedeutet nicht, dass die Medienvertreter per se ein abnehmendes Interesse an der neuen IFA hätten. Im Gegenteil: Die Hälfte der befragten Redakteure geht für das eigene Medium von einem unverändert großen Umfang der IFA-Berichterstattung aus. 40 Prozent rechnen zwar mit weniger Raum für die IFA-Berichterstattung als noch 2019. Auf Nachfrage stellt sich dann jedoch heraus, dass man nur mit einem leichten Rückgang des Umfangs rechnet. Und das auch nur, da man nahezu unisono mit dem Fernbleiben gerade der Big Player rechnet.
CES, MWC, IFA: Tech-Präsenzmessen bleiben auch nach Corona wichtig
Ein ähnliches Bild zeigte sich bei der Bitte um eine Einschätzung, wie wichtig große Tech-Messen wohl generell in einer Zukunft nach Corona für die eigene Medienberichterstattung sein dürften. Die Mehrheit (13 von 22 Antworten) ist der Meinung, dass die Bedeutung der Messen gleichbleibt. Doch immerhin neun Redakteure gaben an, dass Präsenzmessen langfristig an Wichtigkeit verlieren werden. Die vielen Onlinepräsentationen der letzten Monate kommen insgesamt gut an. Dies, so die Skeptiker, dürfte einige Unternehmen daher auch langfristig zum Sparen und somit zum Fernbleiben animieren.
Gerade die großen Tech-Player könnten demnach langfristig verstärkt auf eigene Presseevents setzen – ein Trend, der jedoch bereits vor Corona zu sehen war. Gerade die jüngste Apple-Keynote wurde häufig genannt und als Positivbeispiel hervorgehoben. Im Gesamtbild prognostizieren jedoch selbst die Skeptiker nur ein allenfalls graduelles Zurückgehen der Messebedeutung für ihre eigene redaktionelle Arbeit.
Insgesamt schätzen so gut wie alle befragten Redakteure die großen Tech-Messen IFA, CES oder MWC sehr. Exemplarisch bringen die Feedbacks zweier Redakteure die sich in den Gesprächen wiederholenden Messe-Einschätzungen auf den Punkt: „Nach 12 Stunden CES bekommst Du ein Gefühl für die Trends. Das ist etwas Atmosphärisches. Du kriegst ein Gefühl dafür, was läuft und was nicht. So etwas kannst Du nicht in Streamingveranstaltungen erfassen“, so ein freier Technik-Redakteur einer überregionalen Tageszeitung. Und ein Kollege eines Magazins aus der digitalen Wirtschaft ergänzte „Der direkte Austausch kommt mir aktuell definitiv zu kurz, der persönliche Austausch mit Redakteuren, Agenturen und Pressesprechern fehlt einfach.“
Das für die Veranstalter von IFA, CES und MWC beruhigende Zwischenfazit: Insgesamt sehen die Technikredakteure „ihre“ Messen nach wie vor als Leuchttürme. Sie setzen auf deren Strahlkraft, die Orientierung bieten und Trends erschaffen. Aus unserer Sicht überraschend viele Redakteure ziehen einen Vor-Ort-Besuch der diesjährigen IFA in Betracht. Und wo dies nicht möglich ist, wird das neue digitale Angebot der IFA als echte Alternative in der Planung berücksichtigt.
Arbeit im Homeoffice: Die neue Normalität
Der typische Redakteur arbeitet aktuell größtenteils von zuhause aus: Über drei Viertel arbeiten mindestens zu gleichen Teilen in Büro und Homeoffice und über die Hälfte der Befragten sitzen aktuell „überwiegend“ oder „nur“ am heimischen Schreibtisch. Nur etwa jeder fünfte Befragte arbeitet überwiegend im Büro. Keiner von ihnen gab an, ausschließlich im Office zu arbeiten.
Der überwiegende Konsens ist dabei, dass der Kollegenkontakt unter der aktuellen Lage leidet und fehlt. „Natürlich sind viele Dinge auch praktischer geworden, da weniger Zeitaufwand betrieben werden muss. Doch es ist auch schade, dass der Kollegenaustausch wegfällt“, so ein befragter Redakteur.
Arbeitsalltag: Keine persönlichen Treffen, viel Streaming
Bei der Frage nach den neuen Touchpoints mit Unternehmen wird eines deutlich: Jegliche Präsenzveranstaltungen, auch in sehr kleiner Runde, wurden von Redakteuren und Bloggern in der Lockdownphase erwartungsgemäß vermieden.
„Was wir Redakteure durch Corona gelernt haben? Wir müssen nicht immer überall hinfliegen!“, bringt einer der Befragten eine weitere Erkenntnis auf den Punkt. Das liegt wenig überraschend am Streaming. Über 90 Prozent gaben an, an gestreamten Präsentationen und ähnlichen Formaten häufiger als vor der Pandemie teilgenommen zu haben.
Streaming: Redakteure fordern Rückkanal und Hands-on-Tests
Wie bewerten die Redakteure die bisherige Streaming-Performance der Unternehmen und was ist ihnen wichtig? Technische Pannen kamen anscheinend häufiger vor, wurden jedoch mit Blick auf die Sondersituation selten als Ärgernis hervorgehoben, solange die Inhaltsvermittlung noch gut gelang. Hier nannten die Redakteure kaum Negativbeispiele.
Kritisiert wurde jedoch wiederkehrend der teilweise fehlende Rückkanal bei digitalen Unternehmenspräsentationen. Die Möglichkeit, Fragen zu stellen und in den Dialog zu treten, ist den Redakteuren naturgemäß ungemein wichtig. Fehlt die Fragemöglichkeit, so stößt dies vielfach sauer auf. Hier sollten betroffene Unternehmen handeln und kurzfristig nachbessern!
Ein Redakteur betonte, dass er die Einbindung eines CEO in eine Streamingpräsentation als sehr mehrwertig empfunden habe. Das verhältnismäßig geringe Zeitinvest für Knowhow-Träger und Geschäftsführer bei Onlinepräsentationen eröffnet Unternehmen also sogar unverhofft besondere Chancen.
Eine echte Herausforderung für Unternehmen stellt der sehr häufig geäußerte Wunsch nach unmittelbar zu Präsentationsende möglichen Hands-On-Produkttests dar. Diesen Wunsch gilt es in der PR-Planung aufzugreifen und den Redakteuren je nach Produktverfügbarkeit und vorhandenen Ressourcen passende Angebote zu machen.
Prinzipiell denkbar ist alles von einem postalischen Vorabversand von Neuprodukten unter NDA an einzelne Redakteure bis hin zu per Fahrradkurier kurzfristig zirkulierenden Testgeräten. Gibt es das Budget her, so bieten sich ergänzend lokale Live-Treffen zur Onlinepräsentation in kleiner Redakteursrunde mit kurzzeitigem Hands-On-Angebot an. Letzteres dürfte bei Fokusprodukten gerade an zentralen Orten wie Hamburg, Berlin oder München eine gangbare Option sein.
Produkttests: Zunehmende Bedeutung, neue Chancen für Unternehmen
Die Bedeutung von Produkttests ist durch Corona leicht gestiegen. Ein Redakteur einer Tageszeitung berichtet exemplarisch, wie bedeutend der Corona-Einfluß auf den Testalltag sein kann: „Ich habe die Zeit genutzt und mir mehr Sachen nach Hause schicken lassen. Jetzt ist ja auch immer jemand zuhause und ich kann die Geräte in der Regel sogar selbst entgegennehmen. Und: Ich konnte endlich mal größere Teile testen, für die in der Redaktion der Platz fehlt.“
Ein Berliner Kollege ergänzt: „Das Testen von Produkten hat bei mir in letzter Zeit tatsächlich ein gutes Stück zugenommen. Ich habe auch einige Sachen getestet, zu deren Launch ich normalerweise nicht gefahren wäre, da sie für mich zu weit weg gewesen wären. Die Produkte hätte ich dann entsprechend auch nicht ausprobiert. Zum Beispiel gab es jüngst ein Event, das normalerweise in München stattgefunden hätte. So habe ich online eine 30-Minuten-Präsentation bekommen und anschließend das Gerät getestet. Das gefällt mir.“
Für Unternehmen, die Onlinepräsentationen und Produkttests kombinieren, ergeben sich also ganz neue Möglichkeiten. Zudem verändert sich der Fokus der Redakteure, woraus sich PR-Chancen für Produkte ergeben, die vor Corona ein Schattendasein fristeten. Hier gilt es für Unternehmen, die höchst unterschiedlichen Situationen zu erkennen, in denen sich die Redakteure aktuell befinden und ihr Kommunikations- und Testgeräte-Angebot flexibel anzupassen.