Tech-PR in Polen: „Gegenseitiges Vertrauen schafft langfristige Beziehungen“
Interview: Bartosz Cholawo, Public Dialog, Warschau –
(Tech PR in Poland: “Building mutual trust can create long-term allies” – download Englisch Version here)
In einer globalisierten Welt, in der sich Technologiebranchen und Medienlandschaften rasant verändern, ist es entscheidend, die unterschiedlichen Ansätze in der PR zu verstehen. Deshalb haben wir die Tech-PR-Agenturen aus unserem IPRN-Netzwerk gebeten, ihre Erfahrungen zu teilen, wie Öffentlichkeitsarbeit für das Tech-Business in ihren jeweiligen Märkten funktioniert. Die Sammlung von Perspektiven gibt einen spannenden Überblick über die unterschiedlichen Ansätze und Herausforderungen, mit denen PR-Profis weltweit konfrontiert sind. In dieser „Blogparade“ werfen wir einen Blick darauf, was die PR-Landschaft in verschiedenen Ländern prägt, mit dem Fokus auf effektiver Medienarbeit und der strategischen Kommunikation von Unternehmen.
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Im Interview erklärt Bartosz Cholawo von unserer Partneragentur Public Dialog, dass sich Polens Tech-PR an einen wachsenden, aber zunehmend kritischen Markt anpassen muss. Vertrauensvolle Medienbeziehungen und transparente Kommunikation sind wichtiger denn je, da Tech-Unternehmen auf regulatorische Herausforderungen und Skepsis reagieren müssen. KI erleichtert viele Prozesse, ersetzt jedoch nicht die menschliche Expertise in der PR.
Wie entwickeln sich der Technologiemarkt und das Geschäft mit den Technologiemedien in Polen?
In den letzten Jahren ist der polnische Technologiemarkt rasant gewachsen – angetrieben durch qualifizierte Talente, ausländische Investitionen und staatliche Unterstützung. Er hat sich zu einem regionalen Dreh- und Angelpunkt für IT, Forschung und Entwicklung sowie Start-ups etabliert, insbesondere in den Bereichen Fintech, Gaming und KI. Die COVID-19-Pandemie hat die digitale Transformation weiter beschleunigt und die Nachfrage nach technischen Dienstleistungen in allen Branchen angekurbelt. Herausforderungen wie der Mangel an Fachkräften und der politische Druck bestehen weiterhin.
Die Medienlandschaft im Technologiebereich hat sich ebenfalls weiterentwickelt: Nischenplattformen wie Spider’s Web bieten lokale Einblicke und die Bewertungen von Influencer:innen haben an Bedeutung gewonnen. Polnische Medien stehen jedoch im Wettbewerb mit globalen Plattformen wie TechCrunch und haben aufgrund der Dominanz von Google und Facebook in der digitalen Werbung mit Umsatzeinbußen zu kämpfen.
Trotz dieser Hürden bieten expandierende Märkte wie Gaming, E-Commerce und Green Tech zahlreiche Möglichkeiten. Die Zusammenarbeit zwischen Technologieunternehmen und der Medienbranche, insbesondere im Bildungswesen und der lokalen Berichterstattung, bietet weiteres Wachstumspotenzial und positioniert Polen als Technologieführer in Mittel- und Osteuropa.
Was hat sich in den letzten 5 Jahren in der Tech-PR verändert?
In Polen hat sich in den letzten fünf Jahren die Begeisterung für Technologie zu einer wachsenden Skepsis gewandelt. Das spiegelt globale Trends wider, wobei es lokale Besonderheiten gibt. Technologiegiganten wie Google wurde anfänglich mit Optimismus begegnet, da sie als Triebkräfte für Innovation, Wirtschaftswachstum und digitale Transformation galten. Sie haben den Zugang zu Informationen, Geschäftsabläufen und die Medienverbreitung revolutioniert und sich so weitreichendes Vertrauen aufgebaut.
Diese anfängliche Begeisterung hat jedoch stark abgenommen, aufgrund von Datenschutzverletzungen, monopolistischer Geschäfte und Schwächung der Wettbewerbsfähigkeit lokaler Märkte. In Polen war der Protest „Media Without Choice“ im Jahr 2021 ein entscheidender Wendepunkt, bei dem Medien die Dominanz von Google bei digitalen Werbe- und Suchalgorithmen kritisiert haben. Der anschließende Rückgang des organischen Traffics für protestierende Medien hat das Misstrauen weiter verstärkt und die immense Marktmacht von Google noch einmal verdeutlicht.
Heute fordern Öffentlichkeit und Regulierungsbehörden von Technologieunternehmen zunehmend Transparenz und Fairness. Diese Skepsis hat die PR-Strategien der Technologiebranche verändert und den Schwerpunkt auf lokale Partnerschaften, Bildung und ethische Ansätze gelegt, um das Vertrauen in einem kritischeren und besser informierten Markt wiederherzustellen.
Welchen PR-Ansatz bevorzugen Sie für die Ansprache von Technikmedien?
Die Ansprache von Technologiemedien unterscheidet sich in unserer Praxis nicht so sehr von anderen Branchen. Im heutigen enormen Informationsfluss ist der Aufbau starker Beziehungen zu ausgewählten Technologiejournalist:innen für eine erfolgreiche Kommunikation und Markenpositionierung wichtig. Da unzählige Pressemitteilungen, Produkteinführungen und Updates um Aufmerksamkeit konkurrieren, fungieren vertrauenswürdige Journalist:innen als Gatekeeper und entscheiden, welche Geschichten ihr Publikum erreichen sollen.
Gute Beziehungen zu Technikjournalist:innen sorgen für Glaubwürdigkeit und erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass einflussreiche Medien berichten. Gute Journalist:innen können komplexe Themen in Kontext setzen, die Geschichte einer Marke authentisch präsentieren und damit Nischenpublikum erreichen. In der Technologiebranche, in der Vertrauen und Fachwissen von entscheidender Bedeutung sind, können solche Partnerschaften Botschaften verstärken und Marken in einem überfüllten Markt differenzieren.
Darüber hinaus spielen Journalist:innen mit einem etablierten Ruf in einer Zeit der Skepsis gegenüber Technologieunternehmen eine entscheidende Rolle bei der Meinungsbildung in der Öffentlichkeit. Durch den Aufbau von gegenseitigem Vertrauen durch Transparenz, zeitnahe Lieferung von Informationen und wertvolle Einblicke können langfristige Beziehungen aufgebaut werden, die den Ruf und die Sichtbarkeit einer Marke inmitten der Flut konkurrierender Informationen verbessern.
Welche Veränderungen erwarten Sie und wie werden Technologieunternehmen darauf reagieren müssen?
Die polnische Technologielandschaft entwickelt sich rasant weiter, angetrieben durch strengere Vorschriften, wachsende Verbraucherskepsis und den Aufstieg lokaler Wettbewerber. EU-Richtlinien wie der Digital Services Act erhöhen die regulatorische Kontrolle und zwingen Unternehmen dazu, Compliance, Transparenz und Datenschutz zu priorisieren. Gleichzeitig wächst das Bewusstsein der Verbraucher für Datenschutz und monopolistische Geschäfte, sodass Unternehmen durch ethische Ansätze und Aufklärungskampagnen Vertrauen aufbauen müssen.
Welche Rolle schreiben Sie der KI in der Tech-PR zu?
KI-Tools haben sich als sehr nützlich erwiesen, um Recherchen zu beschleunigen. Übersetzungstechnologien ermöglichen die Erstellung mehrsprachiger Inhalte in Echtzeit und gewährleisten eine nahtlose Kommunikation in globalen Märkten. Das spart Zeit, senkt Kosten und erhöht die Reichweite von Kampagnen. Auch wenn Herausforderungen wie Einseitigkeit und übermäßiges Vertrauen bestehen bleiben, ist KI aufgrund der Fähigkeit, komplexe Aufgaben zu vereinfachen und unmittelbare Erkenntnisse zu liefern, ein unschätzbares Werkzeug für PR-Fachleute von heute.
Experte:
Bartosz Cholawo ist Account Manager bei Public Dialog und im Bereich Reputation sowie Krisen- und Problemmanagement tätig. Er hat über 20 Jahren Erfahrung in der Medienarbeit, unter anderem in der Zusammenarbeit mit führenden Unternehmen aus den Bereichen E-Commerce, Fintech, Luftfahrt sowie Energie und Rohstoffe.
Kontakt: Bartosz Cholawo auf LinkedIn.